Planung einer Signalanlage

Auf dieser Seite werden die Planungsschritte und Regeln, die bei der Aufstellung einer Lichtsignalanlage durchgeführt bzw. beachtet werden müssen erläutert und am Beispiel eines T-Abzweiges aufgezeigt. Die Regeln sind in den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) niedergeschrieben, die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) herausgegeben wurden.

Kreuzungsplan / Erläuterung Entwicklung der Phasenübergänge
Verkehrsanalyse Berechnung und Interpretation der Umlaufzeit
Änderung an Fahrbahn, Markierungen, Beschilderung Berechnung der Freigabezeiten
Phaseneinteilung Entwicklung des Signalzeitenplans
Entwicklung des Signallageplans Betriebszeiten und Ein- und Ausschaltbilder
Daten für die Zwischenzeitberechnung Simulation des fertigen Signalprogramms
Berechnung der Zwischenzeiten / Zwischenzeitmatrix

 

 

Berechnung der Zwischenzeiten / Zwischenzeitmatrix

 

Die Zwischenzeit ist die Zeitdauer zwischen dem Ende der Freigabezeit eines Verkehrsstroms und dem Beginn der Freigabezeit eines anschließend kreuzenden oder einmündenden Verkehrsstroms. Die von beiden Verkehrsströmen gemeinsam benutzte Knotenpunktfläche wird als Konfliktfläche bezeichnet.

Die Zwischenzeiten sind für alle Kombinationen nichtverträglicher Verkehrsströme zu berechnen, dabei sind auch gemeinsam signalisierte Verkehrsteilnehmergruppen (z. B. Radfahrer und Fußgänger) als getrennte Ströme zu betrachten. Die jeweils größten Zwischenzeiten werden dann in der Zwischenzeit-Matrix zusammengestellt (siehe weiter unten).

In der Matrix stellen die Spalten die beginnenden, die Zeilen die endenden Signalgruppen dar. In den Feldern werden die Zeiten eingetragen, die zwischen dem Beenden der Freigabephase des einen Signals und dem Freigeben eines anderen Stromes vergehen muss. In die Felder der Signalgruppen, die verträglich oder bedingt verträglich geschaltet werden können und damit gleichzeitig "grün" zeigen dürfen,  werden keine Werte eingetragen.

Die Matrix der Zwischenzeiten wird in der Signalakte geführt und im Signalsteuergerät gespeichert. Das Gerät prüft während des Betriebs ständig die Einhaltung der gespeicherten Zwischenzeiten.

Bei einem Linksabbiegerpfeil hinter dem Knotenpunkt beziehen sich die ausgewiesenen Zwischenzeiten auf die Zeitdauer zwischen Linksabbieger und Gegenverkehr bzw. Linksabbieger und parallel freigegebene Fußgänger.

In den folgenden Berechnungen der Zwischenzeiten gelten für den Normalfall. Es muss dabei davon ausgegangen werden, dass sich die Verkehrsteilnehmer an die für sie gültigen Signale halten. Besonderheiten wie z. B. Geschwindigkeitsbeschränkungen, starke Längsneigung einer Zufahrt oder besonders häufig auftretende langsame Fahrzeuge sind besonders zu berücksichtigen. Daraus können sich längere Zwischenzeiten ergeben.

 

Die allgemeine Formel zur Berechnung der Zwischenzeit lautet:

tz = tü + tr - te

mit: 

tz ... Zwischenzeit

tü ... Überfahrzeit, Überfahrene Gelbzeit

tr ... Räumzeit des räumenden Fahrzeugs bis zum Konfliktpunkt

te ... Einfahrzeit des einfahrenden Fahrzeugs bis zum Konfliktpunkt

 

Die daraus berechneten Zeiten sind auf volle Sekunden aufzurunden!

Die Überfahrzeit tü ist die Zeitdauer zwischen dem Freigabezeitende und dem Beginn der Räumzeit. Sie bezieht sich also auf Fahrzeuge, die nach Freigabezeitende noch die Haltlinie passieren (z. B. bei Gelbsignal), da sie nicht mehr rechtzeitig abbremsen können.

Die Räumzeit tr ist die Zeitdauer für das Zurücklegen des Räumweges s0 mit einer Räumgeschwindigkeit vr: tr = s0 / vr

Die Einfahrzeit te ist die Zeitdauer, die der einfahrende Verkehrsstrom für das Zurücklegen des Einfahrweges se mit einer Geschwindigkeit ve benötigt: te = se / ve

Für die entsprechenden Zeiten gelten folgende Richtwerte:

 

Räumzeiten tr:

Fahrzeugart Beschreibung Überfahrzeit tü Räumgeschwindigkeit vr Fiktive Fahrzeuglänge lFz
Kfz geradeaus 3 s 10 m/s 6 m
Kfz Abbieger mit einem Kurvenradius >= 10m 2 s 7 m/s
Kfz Abbieger mit einem Kurvenradius < 10m 2 s 5 m/s
Straßenbahn/Bus mit ÖV-Signalen zulässige Höchstgeschwindigkeit bis 30km/h 3 s Erlaubte Maximalgeschwindigkeit Bus: 6m

Straßenbahn: 15m

Straßenbahn/Bus mit ÖV-Signalen zul. Höchstgeschwindigkeit zwischen 30km/h und 50km/h 5 s
Straßenbahn/Bus mit ÖV-Signalen zul. Höchstgeschwindigkeit zwischen 50km/h und 70km/h 7 s
Straßenbahn/Bus ohne ÖV-Signale im Kfz-Strom mitschwimmend es gelten die Kfz-Bedingungen
Straßenbahn/Bus ohne ÖV-Signale separate Signale  Bedingungen wie mit ÖV-Signalen
Straßenbahn/Bus mit regelmäßigem Halt vor dem Knotenpunkt 0 s Beschleunigte Bewegung mit a=0,7 - 1,2 m/s² (Strab), a=1,0 - 1,5 m/s² (Bus) bis zur Höchstgeschwindigkeit
Fahrräder   1 s 4 m/s 0 m
Fußgänger   0 s 1,2 m/s oder 1,0 m/s 0 m

 

tü + tr sollte mindestens der Dauer der Gelbzeit des endenden Stroms + der Rotgelb-Zeit des einfahrenden Stroms entsprechen, um ein Überlappen der beiden Signale zu vermeiden.

Wenn öffentliche Verkehrsmittel zusammen mit dem Individualverkehr signalisiert werden, dann kommen für die Berechnung von tü + tr zwei Möglichkeiten in Frage:

  1. tü + tr wird für öffentliche Verkehrsmittel berechnet. Dadurch wird allerdings die Zwischenzeit für den Individualverkehr unnötig hoch.

  2. tü + tr werden für den Individualverkehr berechnet. Dadurch müssen sich allerdings öffentliche Verkehrsmittel dem Knotenpunkt in verhaltener Fahrweise nähern, da die Zwischenzeit für sie sonst nicht ausreichend ist.

Werden Radfahrer zusammen mit dem Fahrzeugverkehr signalisiert, dann sind die Überfahr- und Räumzeiten für Radfahrer meist maßgebend, was zu unnötig langen Zwischenzeiten für den Fahrzeugverkehr führt. Das kann durch getrennte Signalisierung der Radfahrer vermieden werden, wenn ein separater Fahrstreifen für Radfahrer vorhanden ist.

Wo Radfahrer nicht getrennt signalisiert sind, können mögliche Konfliktfälle „Radfahrer räumt"/„Radfahrer fährt ein" und „Radfahrer räumt"/„Fußgänger läuft ein" in der Regel als bedingt verträglich angesehen werden und daher in der Zwischenzeitenberechnung unberücksichtigt bleiben. Dies gilt auch für tangentiale Fahrbeziehungen zwischen Radfahrern und von links kommenden Kraftfahrzeugen.

Einfahrzeiten te:

Fahrzeugart Beschreibung Einfahrgeschwindigkeit
Kfz   11,1 m/s (40 km/h)
Straßenbahn / Bus Beginn der Freigabezeit mit anschließendem Beschleunigen bis auf Höchstgeschwindigkeit

ve = 5,6 m/s, Beschleunigung 

a=0,7 - 1,2 m/s² (Strab); 

a=1,0 - 1,5 m/s² (Bus)

Straßenbahn / Bus Bei regelmäßigem Halt vor dem Knotenpunkt: Beschleunigung aus dem Stand, Einfahrzeit: te=(2se / a)1/2
Radfahrer bei Kfz-Signalisierung nicht maßgebend
Radfahrer mit eigenen Signalen   5 m/s
Fußgänger Konfliktfläche beginnt unmittelbar am Fahrbahnrand: "Einfahrweg" = 0m 0 m/s
Fußgänger Falls Konfliktfläche nicht unmittelbar am Fahrbahnrand: "Einfahrweg" = vom Beginn der Furt bis zum Beginn der Konfliktfläche  1,5 m/s

 

Für in der Kreuzung wartende Linksabbieger, die durch Diagonalgrün gesichert abgeführt werden, wird zur Berechnung der Einfahrzeit eine Beschleunigung von a = 3,5m/s² aus dem Stand bis zum Erreichen der Einfahrgeschwindigkeit von 40km/h angenommen.

Nach der Inbetriebnahme der Signalanlage sind die geschalteten Zwischenzeiten durch Beobachtungen zu prüfen. Insbesondere sind solche Situationen zu beachten, in denen Linksabbieger durch Gegenverkehr am Abbiegen gehindert werden. Auch die real auftretenden Räum- und Einfahrzeiten öffentlicher Verkehrsmittel sollen sorgfältig beobachtet und mit den errechneten Werten verglichen werden.

Im Beispiel:

Ich werde hier nur die Berechnung der Zwischenzeit "K3 räumt/K2 fährt ein" aufzeigen, da eine komplette Zwischenzeitenberechnung ziemlich platzintensiv ist... Es werden immer alle möglichen Zwischenzeiten einer Signalgruppe berechnet: Die Linksabbieger aus der Nebenstraße haben einen Konfliktpunkt mit den Linksabbiegern und dem Geradeausverkehr von K2, deshalb auch 2 mögliche Zwischenzeiten. Ebenfalls werden hier die Räumvorgänge für Fahrräder berechnet, da diese keinen eigenen Radweg besitzen und so im Kfz-Verkehr "mitschwimmen". Einfahrvorgänge werden in diesem Fall aber immer für Kfz berechnet - Radfahrer sind hier nicht maßgebend. Am Ende ist die größte errechnete Zwischenzeit maßgeblich. Für den Vorgang "K3 räumt/K2 fährt ein" werden also vier Berechnungen nötig.

Es werden dafür folgende Daten benötigt (Bezeichnung der Fahrlinien siehe hier)

Vorgang Räumweg (s0) Einfahrweg (se) Überfahrzeit (tÜ) Fiktive Fahrzeuglänge (lFz) Räum- geschwindigkeit (vr) Einfahr- geschwindigkeit (ve)
K3l räumt / K2l fährt ein 19,0m 21,9m 2s 6m 7,0m/s 11,1m/s
K3l räumt / K2g fährt ein 31,0m 25,5m 2s 6m 7,0m/s 11,1m/s
K3l Rad räumt / K2l fährt ein 19,9m 20,5m 1s 0m 4,0m/s 11,1m/s
K3l Rad räumt / K2g fährt ein 27,4m 20,3m 1s 0m 4,0m/s 11,1m/s

 

Die Berechnung der Zwischenzeiten erfolgt folgendermaßen:

Berechnung der Zwischenzeiten zwischen endender Signalgruppe K4 und beginnender Signalgruppe K2:

 

einfahrender Strom Räumen

Fahrzeugart

tü [s] IFz [m] s0 [m] sr [m] vr [m/s] tr [s] se [m] ve [m/s] te [s] tz [s] tz aufgerundet
K2l Kfz 2 6 19,0 25,0 7,0 3,57 21,9 11,1 1,97 3,60 4
K2g Kfz 2 6 31,0 37,0 7,0 5,29 25,5 11,1 2,30 4,99 5
K2l Rad 1 0 19,9 19,9 4,0 4,98 20,5 11,1 1,85 4,13 5
K2g Rad 1 0 27,4 27,4 4,0 6,85 20,3 11,1 1,83 6,02 7

 

Die Radfahrer werden hier wegen der niedrigeren Räumgeschwindigkeit maßgebend. Der Richtwert für die Räumweglänge, bei dem Fahrräder meist die Dauer der Zwischenzeit bestimmen, liegt bei ca. 18m. Bei kürzeren Räumwegen sind Radfahrer aufgrund der fehlenden fiktiven Fahrzeuglänge und der kürzeren Überfahrzeit meist nicht maßgebend. Der Vorgang "K3l Rad räumt/K2g fährt ein" dauert mit 7sec am längsten und wird deshalb als Zwischenzeit der Signalgruppen "K3 endet/K2 beginnt" hergenommen.

 

Die errechneten Werte für die Signalgruppen, die nichtverträgliche Verkehrsströme signalisieren und somit nicht gleichzeitig freigegeben werden dürfen, werden in der Zwischenzeitenmatrix eingetragen. Die Matrix dient dann als Grundlage für die Entwicklung der Übergänge zwischen den Signalphasen. 

 

Zwischenzeitmatrix:

 

beginnende Signalgruppen

K1

K2 K3 KRi1 A1 F1 F2 F3
endende Signal- gruppen K1     6 6 4 4 7  
K2     5     7 5  
K3 5 7*     5     5
KRi1 4           7 4
A1 7   5       5 9
F1 9 7            
F2 9 11   10 11      
F3     10 10 7      

 

*) Das Ergebnis der Beispielrechnung von oben


 

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